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Dienstag, 4. August 2015

23. Erzgebirgs-Bike-Marathon in Seiffen am 02.08.15

Halb sechs klingelt der Wecker. Das geht schon mal gar nicht. Dunkel ist es auch noch. Doch irgendwie schaffe ich es aus der Heia, komme beizeiten los, weil die Katzen bei den Ellis nächtigen, und bin trotz Umleitungen beispiellos pünktlich in Seiffen. Die Anmeldung und das Auffinden unserer Verbottler sind auch fix erledigt, sodass sogar noch Zeit fürs Warmfahren bleibt, wo ich mal fix die Steilabfahrt zum Seiffener Grund unter die Pneus nehme. Pünktlich um 8.58 Uhr stelle ich mich in den Startblock R – ganz weit hinten ran und nach dem verkorksten Jahr ganz ohne Ambitionen, quasi direkt vor Startblock I.

Um 9 Uhr setzt sich der Tross mit einer sehr engen 180°-Wende in Bewegung, im Dorf unten erfolgt der scharfe Start. Viel weiter nach vorne bin ich noch nicht gekommen – und schaffe es auch nicht. Ich hänge mich an Peter Hermann ran, der ein schönes Tempo fährt und mich bestimmt bis in die erste Gruppe zieht – bis ich merke, dass das gar nicht PH ist, sondern sein Team-Klon Mirko Schmitz. Altersdemenz. Von hinten sehen die zwei sich allerdings sehr ähnlich. Dadurch verpasse ich Gruppe 1. 
Mit ein paar Heizern der Region wie Andi Weinhold, Sven Forberger auf ´nem Fatbike, Teamkollege Pitt Brett und Dr. O geht's dann in die Holter-die-Polter-Abschnitte in Runde 1, die so gar nicht meine sind. Immer wieder sammeln wir Fahrer von vorne ein. Auch Alexander Stark grüße ich höflich und stelle mich ihm mit „Guten Tag, Aßmann!“ vor. Er erwidert mit „Guten Tag, Stark!“ und beschwert sich über das „Straßenrennen“. Mit Fully zumindest gerade hier im Asphaltanstieg kein Zuckerschlecken.
Zu Beginn des zweiten Rundenteils ist unsere Gruppe auf wenige radfahrende Menschen geschmolzen, ich mache die Pace bergauf – und bergab – und biege versehentlich links in den alten Streckenabschnitt ein, weil das Absperrband dort hinein flattert und Spuren zu sehen sind. Ich war schon als Kind gut im Spurenlesen, das setzt sich im hohen Alter fort. Dass das Band überhaupt flattert, haben wir den Fahrern Torsten Marx und Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael zu verdanken, die auch die alte Strecke in Erinnerung haben und dort abbiegen, das Band zerlegen und wieder kehrt machen. Jedenfalls merke ich das Dilemma nach wenigen Sekunden, kehre wieder um auf die reguläre Strecke und befinde mich jetzt am Ende der zweiten Gruppe. Grandios.
Der neue Streckenabschnitt glänzt durch einen langen und einen kürzeren, aber recht knackigen Anstieg. Beide bringt unsere Gruppe, nun noch weiter dezimiert, gut hinter sich und beginnt jetzt Fahrer zu überholen, die sie, sprich unsere Gruppe, allerdings schon mal überholt hat. Nanu, was'n das? Die sind bestimmt an der Absperrung links gefahren, haben zwei Anstiege weniger in den Beinchen und machen vor allem richtig Zeit gut. Sauerei. Am meisten ärgert sich Dr. O darüber, weil es Fahrer seiner 70-km-Strecke sind. Mit Wut im Bauch geht Runde 1 später unspektakulär zu Ende.

An meinem Fahrwerk allerdings stimmt was nicht, das fühlt sich alles sehr weich an. Cheise, der Vorderreifen lässt Luft – ein klassischer Schleicher. Fürs Absteigen und Nachpressen von CO₂ fehlt mir jetzt die Muse, und meine Gruppe möchte ich auch nicht verlieren. Also geht’s mit Stoßgebeten und schwammigem Vorderrad wieder in den verhassten ruppigen, unrhythmischen Teil der Strecke. Die Wurzeln funktionieren nun richtig gut, aber die Schotterpisten und -kurven machen nicht wirklich Spaß, zumal der Reifen ab und zu durchschlägt. Nein, ich steige nicht ab. Niemals.
Irgendwann verabschiedet sich Andi W. dann nach vorn, weil sukzessive Absperrbandzerstörer Benjamin bzw. Michael bzw. Benjamin Michael in Sichtweite kommt. Nun stellt sich mir die Frage, gehe ich hinter Andi W. her oder nicht? Die Beine sagen ja, der Verstand sagt nein. Muss ja noch eine dritte Runde überleben. Und außerdem müssten Hot Doc oder der andere noch verbliebene Fahrer unserer Dreisamkeit hier nachsteigen, tun sie aber nicht. Also bleiben Dr. O, der Unbekannte und ich sitzen und lassen Andi W. gewähren.
Zu Beginn des zweiten Rundenteils nach der Steilabfahrt haben sich Robodoc und ich von unserem Mitfahrer getrennt und fahren mal wieder zu zweit durch die Landschaft wie so oft in den letzten Jahrzehnten. Robodoc fährt auf Zug, weil das Ziel für ihn nicht mehr weit ist, ich fahre mit und führe weniger als er, weil halt noch die besch… dritte Runde ansteht. Die kurze Steilabfahrt im zweiten Rundenteil, bei der man sich regelmäßig die Frage stellt: „Bist du ein Chicken oder nicht?“, kann ich dieses Mal, weil kein Stau herrscht, im Fahren angehen. Und wenn es Dr. O schafft, sitzenzubleiben, schaffe ich das erst recht. Schwerer Fehler. Die Ideallinie scheine ich zu verfehlen, das Hinterrad hebt ab, und ich gehe kopfüber in Richtung Baum in den Fall über, werde aber zum Glück von Selbigem aufgehalten, verkeile mich jedoch unglücklich mit dem rechten Oberschenkel zwischen Sattelstütze und Hinterrad. Und ich bekomme den Schenkel nicht mehr raus. „Amputation oder rohe Gewalt?“, that is the question. Okay, rohe Gewalt. Der Schenkel löst sich, mit ihm auch etwas Haut, aber ich bin frei und kann Dr. O nachsetzen, der dort heil runtergekommen ist. Das Wichtigste jedoch ist: Ich bin kein Chicken! An der Alp de Wettin – die Alp ist genau wie im letzten Jahr noch immer weiblich – habe ich die Lücke fast wieder geschlossen, nur fährt Robodoc etwas später leider ins Ziel und ich mit wenig Luft in Runde 3. 

Und die geht, wie erwartet, doch recht zäh. Zunächst naht weder von hinten Unheil noch von vorn ein zu Überholender, bis mir Straßenfahrer Lars Strehle kurz vor dem Drop in den Seiffener Grund den Rückstand zu Stefan Danowski ansagt. Fünf Minuten. Okay, nicht gerade wenig, aber wenn der Diesel vernünftig läuft, geht da vielleicht noch was. Und es geht tatsächlich was, allerdings kampflos, denn Dano steht am Straßenrand und baut sein Getriebe neu auf. Schaltwerk abgerissen, abbauen und Kette auf Singlespeed trimmen. Teufelskerl! Laura "LH" Hoffmüller brüllt mir bissl später zu: „Platz 7!“ Nanu, kann nicht sein, die Form ist doch noch gar nicht so weit? Ist sie auch nicht, 10% müssen da schon noch kommen.
Den sich anschließenden Asphaltcol leiere ich zügig empor, die Abfahrten kontrolliert hinab, weil’s vorne immer weniger Luft wird, bis mir am Steilanstieg im zweiten Rundenabschnitt Talent und Grip ausgehen. Hätte ich mal lieber das kleine Kettenblatt bemüht. Da rauscht Dano von hinten mit Schwung ran, kommt den Berg aber auch nicht fahrend hoch, weil er jetzt nur einen Gang hat. Oben treffen wir uns wieder und drücken zu zweit an der Motocrossstrecke vorbei zum Drop. Da Dano schiebt, bleibt mir nichts anderes übrig, als auch abzusteigen. Ist auch sicherer so. Mein Glück ist, dass bis auf das Asphaltflachstück sowohl der letzte Downhill vorm Ziel als auch die Alp de Wettin für Singlespeed eher ungeeignet sind, sodass ich Dano noch um knapp eine Minute distanzieren kann. Ich erreiche das Ziel mit Mühe und Not, der Vorderreifen mit 0,5 bar ist so gut wie tot. Ich selbst fühle mich nicht wesentlich besser. Mir fehlt hinten raus – also am Ende des Rennens, versteht sich – noch der übliche Druck, der hoffentlich noch kommt dieses Jahr. Ansonsten bin ich mit der Platzierung (Platz 7) mehr als zufrieden, weil das so nicht zu erwarten war nach den ganzen Rückschlägen dieses Jahr. Der Abstand nach vorne ist natürlich beachtlich, aber mit etwas mehr Geschick in der Startaufstellung und mit 100% Leistungsvermögen sind ein paar Minuten weniger schon drin. Glückwunsch an die ersten fünf Fahrer, die sehr stark gefahren sind, und schade für FK, dass es um magere fünf Sekunden hinter Peter Hermann mal wieder nicht reicht in Seiffen. Aber irgendwann gewinnt auch FK. Pitt Brett wird starker 23., HDW 30., Nichtversicherungsmaklerin Sandra Kaiser 10. auf der mittleren Runde, LH gewinnt die kurze 40-km-Runde, wo Ex-X-Man Norman 77. wird. Frau Kaisers neue Fliegenklatsche, mit der sie mir den Schädel oder Popo polieren könnte, kommt heute zum Glück nicht zum Einsatz, weil ich es nicht schaffe, sie zu umrunden. Es fehlen wohl nur zwei, drei Minuten. Na ja, vielleicht das nächste Mal.

Besten Dank an dieser Stelle für die Familienverbottlung durch die Hoffmüller’sche Sippe, wo mich die Verwandtschaftsgrade noch in den Wahnsinn treiben, und das Gelreichen durch Edelhelfer Dr. Sebastian „Küfi“ Küfner, der locker unter die ersten Acht hätte fahren können, wenn er seine Federgabel tags zuvor nicht zerstört hätte, der Arme. Dass der EBM wieder top organisiert war, versteht sich inzwischen von selbst.

Next Termin: Vier-Hübel-Tour. See you!

Alp de Wettin in front of Pitt Brett and Dr. O

Siegerehrung: v. l. n. r.
S. Danowski, T. Marx, S. Stark mit Sohn Paul, P. Hermann, Ch. Kreuchler, M. Werner, M. Splitek, Güldi himself