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Mittwoch, 25. Juni 2014

UCI World Series Malevil am 21.6.14

Wenn mir jemand gesagt hätte, wie viele Umleitungen und Ampeln es in Dresden gibt, ich wäre schon zwei Tage vorher losgefahren, um pünktlich am Treffpunkt beim FK daheim anzukommen. Es hat mir aber keiner gesagt, und so verspäte ich mich um „nur“ 50 min – ein neuer Negativrekord. FK, Torsten „Mütze“ Mützlitz und Felix Fritzsch warten schon sehnsüchtig, doch bevor’s losgeht, heißt es seit langer Zeit mal wieder Stäbchen ziehen, wer wo sitzt im Tuborg-Transporter. Im Grunde weiß ich ja schon, wer verliert, aber ich lasse mich drauf ein … Als ich dann mühevoll auf den hintersten Sitzplatz, den sogenannten Schleudersitz, geklettert bin, geht’s kurz nach 17 Uhr los in Richtung Oybin. Dort finden wir eine schöne, große Unterkunft mit fast allem Bibabo vor. Wir verlieren keine Zeit und machen gleich Essen: Mütze isst Milchreis, Felix isst Couscous, FK und ich bevorzugen Nudeln al dente. Nur meinen bis dato noch eingeschweißten Käse mit Verfallsdatum vom 15.7.2013 verschmähen wir nach dem Öffnen, denn der riecht gar nicht mal so gut. FK gibt mir von seinem Reibekäse ab. Sehr liebenswert. Abends tun wir uns noch die erste Halbzeit Frankreich vs. Schweiz an, um gegen zehn Uhr ins Bett zu hüpfen; Felix und Mütze auf der Schlafcouch im Wohnzimmer, FK auf der Schlafcouch im Schlafzimmer und ich allein im Doppelbett. Warum FK das Doppelbett meidet, weiß nur er. Sicher Nachwirkungen von Riva, als es fast Krieg gab wegen der Bettdecke.
6 Uhr bimmelt der Handywecker, das Frühstück und die Morgentoilette gehen zügig vonstatten. Um 7.30 Uhr sind wir vor Ort im Golfclub Malevil, melden uns völlig unkompliziert an, packen unsere Rennsachen zusammen und düsen gemeinsam mit Silvio Hauschild zum Start, der um 8.30 Uhr erfolgen soll. Am Start treffen wir „Pitt Brett“ Götze und den leider kränkelnden Bastian „HDW“ Wauschkuhn, der nur zuschaut und Pitt Brett betreut. Mich stellt der Veranstalter zu meiner Verwunderung direkt in die erste Startreihe neben Heizern wie Hannes Genze, Torsten Marx, Jaroslav Kulhavy, Jan Skarnitzel, Frantisek Rabon und – last but not least – Sebastian „FK“ Stark.

Der Start ist zügig, und die ersten beiden Wellen kann der alte Mann sogar die Spitze halten. Erst ein Massensturz, verursacht vermutlich durch Torsten Marx, der auf einem schnellen Feldstück in eine kaum sichtbare Spurrinne fährt und verkantet, reißt das Feld auseinander. Felix geht auch zu Boden, FK, Mütze und ich können mit Mühe und Not ausweichen.
Die Gruppen finden sich, ich erwische zu Beginn eine Fünfergruppe, der ich aber „entfliehen“ kann. Im weiteren Rennverlauf habe ich einen tschechischen Schatten, der sehr konstantes und hohes Tempo fährt. Ideal. Auf diese Weise nähern wir uns einer größeren Verfolgergruppe um Felix Fritzsch, Mütze und einigen Tschechen. Ich glaube auch, Peter Hermann in der Ferne leuchten zu sehen. Als wir beinahe dran sind und die ersten Nachzügler einsammeln, schaltet meine Kette mal wieder aufs elfte Ritzel, obwohl ich nur zehn habe. Grund ist ein Strohhalm, den ich mir bei der zweiten Verpflegung ums Elferritzel gewickelt habe. Das bedeutet meine erste ungewollte Pause für heute. Die Kette löst sich leider erst nach Aufbringung roher Gewalt und gutem Zureden. Ich hieve mich wieder auf den Bock, setze meinem Tschechen hinterher und komme ihm und anderen Fahrern wie Mütze, Felix und Co. sukzessive näher. In Oybin kralle ich mir zwei Flaschen auf einmal am Buffet, stecke eine unters Trikot, die andere trinke ich aus, eine ist noch halbvoll im Flaschenständer. 
Jetzt folgt der härteste Abschnitt des Rennens, denn es geht nach einigen kniffligen Trails, wo ich um ein Haar über den Lenker absteige, den Hochwald hinauf. Mitten im Anstieg jedoch macht es zisch, und siehe da, meinen Reifen hat’s mal wieder aufgeschlitzt auf der Lauffläche. Es gibt unter den einigen hundert Fahrern sicher nur einen, der sich bergauf einen Platten fährt: Güldoof. Nun ja, zum zweiten Mal runter vom Bock und die Kartusche angesetzt, doch es kommt nix. Ich drehe sie richtig fest ins Gewinde, doch es kommt einfach nix. Was für eine Sch… Erst später daheim stelle ich mit Entsetzen fest, dass die Kartusche schon benutzt ist. Grandios. Okay, da muss ich eben die integrierte Pumpe bemühen. Erfreulicherweise reißt beim Pumpen der Ventilkopf ab und verstopft das Innere meiner Pumpe, es ist aber fürs Erste ausreichend Luft im Pneu, um bis zum nächsten Support zu kommen, denke ich blauäugig. Die Milch dichtet das Loch zunächst auch erst mal ab. Nach knapp zehn Minuten und gefühlten fünfzig Fahrern später setze ich mich wieder auf den Hobel und fahre weiter den Berg hinauf. Nach hundert Metern zischt mein Reifen erneut, sodass ich den restlichen Col auf der Felge hochfahre. Ich gehe davon aus, dass oben auf dem Gipfel jemand eine Standpumpe dabei hat, wo ich fix den noch vorhandenen Schlauch einziehen kann, doch Fehlanzeige, denn es gibt eine Streckenänderung. Ich muss mit meinen Stummelbeinchen eine Treppe hinaufrennen, um gleich darauf in den berüchtigten Downhill den Hochwald hinab zu gehen. Voll verkalkuliert. Dann rollen wir halt auf der Felge den tückischen Downhill und ein paar größere Felsabsätze und Spurrinnen hinab. Das tue ich mir und meiner Felge hundert Meter an, denn es kommt zu meinem Glück ein kreuzendes Flachstück, wo auch ein Krankenwagen steht, weil’s dort wie gesagt tückisch ist. Hier kann ich gefahrlos anhalten und ziehe in aller Ruhe den Schlauch ein. Abertausende Pumphübe und wieder gefühlte fünfzig Fahrer später setze ich meine Bergabfahrt fort und muss einige Fahrer überholen, die recht behutsam den Col hinabfahren. Unten im Tal an der Verpflegung kralle ich mir eine neue Flasche, ein Affenkotelett und ein Gel. Die erste Dame, Frau Irena Berkova, ist inzwischen auch vor mir, verpasst aber ihr Gel, weil sich der Support dort bissl dusselig anstellt. Weil ich sehr, sehr lieb bin, greife ich mir das Gel und gebe es ihr einige Meter später. Sie bedankt sich sogar auf Deutsch, aber Telefonnummern tauschen wir heute keine aus. Den folgenden Downhill gehe ich behutsam an, weil ich hier letztes Jahr zusammen mit einem Tschechen ins Gebüsch abgetaucht bin und rumgekuschelt habe. Ich komme gut durch, grüße unten HDW und setze meine Aufholjagd fort. 
Bis zum nächsten Col, der teilweise nur zu Fuß zu bewältigen ist, überhole ich um die zwanzig Fahrer. Das Wiesentrailstück oben auf dem Col mag ich gar nicht, komme jedoch ganz solide durch. Die Beine drehen noch gut, sodass ich Fahrer für Fahrer einkassiere, nur blöderweise geht mein Trinkvorrat zur Neige, und ich sehne den nächsten Verpflegungspunkt herbei. Gerade noch rechtzeitig kommt er auf dem „Gipfel“ eines weiteren Cols, doch Güldichek bekommt hier nur eine 0,5-Liter-Flasche. Viel zu wenig für meinen Durst, doch auch mein Betteln hilft nix, denn die Betreuer verstehen nur Tschechisch. Auf dem flachen Kammstück sammle ich wieder einige Fahrer ein und ziehe zwei im Windschatten mit, darunter auch Thomas Peschke vom Team Stein-Bikes. Irgendwann findet sich eine zügige Gruppe, die die folgenden flachen Kilometer zusammenbleibt. Auf einem Wurzelstück irgendwo im Forest rund 15 km vorm Ziel knallt es dann auf einmal heftig, und ich klicke bei zügiger Fahrt aus dem linken Pedal aus. Ich will wieder einklicken, doch es funktioniert nicht. Genaues Hinsehen bestätigt meine Vermutung: Der Pedalkäfig ist mal eben abgebrochen, sodass ich nur noch mit einem Bein treten kann, das andere hat ab sofort Pause. In den holprigen Abfahrten macht sich das gar nicht gut, weil ich diese mangels Halt im Sitzen herunterfahren muss und mir Sorgen um die Familienplanung mache. Meine Gruppe ist natürlich auf und davon. Wären es noch 15 km bergauf gewesen, wäre das nicht so schlimm, aber bergab … auweia. Irgendwann in Zielnähe nehme ich noch mal ein halbes Feld in meinem Ritzelblock mit und kann kaum noch schalten. Meine Freude steigt ins Unermessliche. Thomas Peschke scheint es ähnlich zu gehen, da er am Waldrand steht und sein Ritzel vom Stroh befreit. Zusammen „schleichen“ wir sprichwörtlich auf dem letzten Ritzel zum Ziel, wo ich aber mit nur einem Huf nichts ausrichten kann. Am Ende steht für mich Gesamtrang 46 zu Buche. Gar nicht mal so gut. Mit meiner reinen Fahrzeit wären die Top 20 drin gewesen und damit die mögliche WM-Qualifikation, da es sich um ein „UCI World Series“-Rennen handelte – wenn da nicht immer der Konjunktiv wäre. Sehr, sehr ärgerlich.

Felix und Mütze kommen solide durchs Rennen und schrammen knapp an den Top 20 vorbei. FK landet noch weiter vorne, und wäre ihm die Sattelstütze nicht 3 cm in den Rahmen abgetaucht, wer weiß, wo er da noch gelandet wäre, unser Übermensch. Mit Mütze genieße ich später die Freiluftdusche mit warmem (!) Wasser, schnabuliere fix Nudeln und Kuchen, danach hauen wir vier auch schon ab. Diesmal sitze ich ganz vorne, und zwar ohne Stäbchen zu ziehen, ätsch. Von Dresden aus düse ich sehr zügig nach Chemnitz, wo meine Frontscheibe zum reinen Insektenfriedhof mutiert. Abends besuche ich noch das Heavy 24 und stelle fest, dass es in Frauenzelten deutlich besser riecht als in den männlichen. Und Frauen jammern viel weniger, nehmen‘s lockerer, sehen besser aus und gewinnen trotzdem. ;-)

Sollten meine neuen Pedale rechtzeitig eintreffen, ich meine Felge und Reifen in Schuss bringen, so werde ich am Samstag am Start der MEC 500 stehen. Bis dahin Spocht frei!

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